Im Februar 2022 hast du deine erste Single mit dem Titel „Rauschen“ herausgebracht, der Beginn einer Reihe weiterer toller Songs. Wenn du dich zurückerinnerst, was ging dir damals durch den Kopf, was waren deine Erwartungen und wie denkst du heute darüber?
Ketzberg: Ich habe an dem Release so sehr genossen, dass das endlich der Startschuss war. Vor dem Debüt hat man alle Zeit der Welt. Sobald die erste Single draußen ist, rollt der Wagen los und du musst am Steuer bleiben und Gas geben. Darauf habe ich mich schon sehr gefreut.
Da ich independent releast habe, hatte ich tatsächlich auch keine großen Erwartungen an Playlist- oder Radioplatzierungen. Einige Radios haben die Single dann doch gespielt und ein paar kleinere Playlists haben sie auch aufgenommen, was mich natürlich sehr gefreut hat.
Aber nichts zu erwarten ist bei den ersten Singles denke ich ein gesundes Fundament. Viel mehr hat mir der Gedanke gefallen, bald eine Diskografie zu haben, die eine Entwicklung zeigt. Die spannend ist und in die man sich verlieben kann. Und wenn dann durch einen Release, der höher platziert wird, neue Menschen auf meine Seite stoßen, haben sie viel mehr zu entdecken, als wenn da nur eine Single einsam ihre Streams zählt.
Heute ist ungefähr zwei Jahre später und ich habe zwei EPs und drei Singles veröffentlicht. Ein bisschen was gibt es also schon zu Hören. Dem kommenden Livealbum und den weiteren Singles würden Editorial-Platzierungen dann aber schon gut stehen finde ich!
Im Februar 2023 folgte deine EP „Immer“, die unter anderem einige der großartigen Songs zusammenfasst. Wenn du jetzt nach einem Jahr Musikmarkt auf die Entwicklung deiner Musik schaust, schreckt es einen ab, wie schwer und hart dieser Markt geworden ist? Wie viel man selbst in die Hand nehmen muss? Welche Erfahrungen hast du gesammelt?
Ketzberg: Es ist tatsächlich so, dass man sich darauf einstellen muss, am Anfang wirklich alles selbst in die Hand zu nehmen. Das bedeutet aber auch, dass man sich nach einer Zeit dann auch in jedem Bereich auskennt und besser beurteilen kann, worauf es ankommt. Zum Beispiel ist es gut, wenn du schnell erkennst, dass deine Bookerin viel mehr von großen Bühnen erzählt, als dass sie sich darum kümmert, dass du da bald draufstehst. Es ist viel wert, wenn du erkennst, dass dein Management schlecht arbeitet oder deine Promotion-Agentur dir nur Geld aus der Tasche zieht.
Dass man am Anfang sein eigener Booker, Manager und Promoter sein muss, ist also gar nicht so schlecht! Wenn ich etwas raten darf, dann rate ich, sich nicht über solche Umstände aufzuregen. Genauso wie es auch Quatsch ist, sich darüber aufzuregen, dass niemand mehr CDs kauft und Spotify kaum Geld zahlt und all das. Es ist möglich, all das als Chance zu sehen. Dafür ist Spotify z.B. eine Plattform, auf der weit viel mehr Menschen deine Musik und dich entdecken können, ohne sich erst deine Platte kaufen zu müssen. Und genau so hat es auch etwas Gutes, wenn du als Newcomer erstmal viele Aufgaben selbst in die Hand nehmen musst.
Und ob mich der Musikmarkt abschreckt, darüber habe ich mir noch nie so wirklich Gedanken gemacht. Ich fühle mich da eigentlich gerade ganz wohl. Das liegt aber vielleicht auch daran, dass ich diesen nicht so analytisch betrachte wie manch andere*r. Ich denke, dass es darin schon irgendwie immer einen Platz für mich geben wird.
Und wie der sich entwickelt – darauf bin ich einfach gespannt.
Die Single „Kannst du mir helfen“ ist dein aktueller Release. Stehen schon neue Pläne an? Gibt es bald neue Musik von Ketzberg? Was kannst du uns schon verraten?
Ketzberg: Oh ja! Im Zuge unserer Tour im August/September haben wir endlich ein Livealbum recordet. Ein paar bereits veröffentlichte Stücke in unserer Tour-Version und einige Tracks, die noch ganz neu sind. Für die Veröffentlichung plane ich, im Dezember die erste Singleauskopplung zu releasen. Über drei weitere Singles dann zum Album-Release im April. Natürlich mit fantastischen Videos aus dem Studio und von der Tour dazu!
Außerdem bin ich im Februar dann wieder mit meiner Band im Studio, um das erste Studioalbum aufzunehmen. Fertig geschrieben ist das nämlich schon. Ich bin ganz verliebt in diese Stücke und freue mich schon wahnsinnig darauf, ihnen in der Produktion noch einmal alle Zeit zu schenken, die sie verdienen. Das Album gibt es dann wahrscheinlich ab Herbst 2024.
Ganz aktuell wird es allerdings noch zwei Singles geben. Eine am 17. November und die andere ein paar Wochen später. Also: 2023 bringt noch viel mehr Ketzberg. Und 2024 noch mehr!
Du warst mit Schorl3 auf Tour. Erzähle uns gerne mehr, was du erlebt hast.
Ketzberg: Das war wirklich eines der Highlights für mich dieses Jahr. Ich bin den Jungs total dankbar, dass sie uns mitgenommen haben. Wir haben in Freiburg, München und Hannover für Schorl3 eröffnet und schauten von den Bühnen aus in ein sehr warmherziges und dankbares Publikum. Die hatten richtig Lust, sich für uns gewinnen zu lassen! Support für eine größere Band mit ähnlicher Zielgruppe zu sein ist ein Format, das ich sehr gern spiele. Auf einer hübschen Bühne neues Publikum gewinnen, neue Menschen in der Szene kennenlernen und den Club warmmachen für eine Band, die einem selbst gefällt. Toll!
Ein paar BTS und Mitschnitte davon gibts natürlich zum Beispiel auf Instagram. Es war rundum eine gut geplante, aufregende, liebevolle, angemessen chaotische, am Ende aber natürlich professionelle Tour, bei der wir dabei sein durften.
Auf welchem Konzert oder Festival wärst du gerne mal der Headliner?
Ketzberg: Ich bin ja sehr hamburgverbunden. Deshalb bin ich auch total verliebt ins Reeperbahn- und Elbjazzfestival. Auf der Reeperbahn wäre ich super gern mal dabei. Wenn ich so überlege aber vor allem als Newcomer. Ich finde, dass das eigentlich die Identität dieses Festivals ist. Keine Riesen-Headliner und Mega-Stages. Sondern in kleinen, spannenden Clubs und Bars, die man sonst nicht so auf dem Radar hat, neue Musik und neue Künstler*innen entdecken, die man auch noch nicht auf dem Radar hatte. Wie cool ist das denn?
Zum Headlinen kommt mir spontan das Watt en Schlick Festival an der Nordsee in den Kopf. Von der Bühne aus ins Meer schauen und davor tanzende Menschen im Sand. Das nehme ich.
In deinem Pressetext steht „Ketzberg macht Mut zur Nacktheit — und zur Ehrlichkeit. Die Liebe zum Funk färbt seine Musik mindestens lila.“ Kannst du das mehr erläutern?
Ketzberg: Gern! Die Nacktheit verstehe ich vor allem sinnbildlich. Ich gebe in meinen Texten viel von mir preis und versuche nicht, ein Superlife-Influencer-Hochglanz-Bild von mir zu malen. Ich finde Kunst häufig dann interessant, wenn ich erkenne, dass die Künstlerin nicht nur das Offensichtliche oder das gesellschaftlich anerkannte von sich erzählt. So wie „Ich bin verliebt“ oder „Ich geh raus und mach’ Party“. Sondern vielleicht auch „Ich bin eifersüchtig, weil du den anderen liebst und nicht mich“ oder „Alle gehen Party machen, aber ich schaffe es einfach nicht raus“.
Da fühle ich mich jemandem nah. Denn jede*r kennt Eifersuchtsgefühle oder Fomo. Und ich will nicht, dass mich Kunst und andere Menschen damit allein lassen. Negative und destruktive Gefühle und Gedanken sind meistens total natürlich und wenn wir alle darüber reden können, dann fühlt es sich auch viel mehr so an. Wenn alle nackt sind, dann braucht sich auch niemand mehr dafür schämen. So einfach ist es natürlich nicht … aber die Richtung ist klar für mich.
Die Ehrlichkeit erklärt sich in der Nacktheit und Lila ist eine funky Farbe!
Du hast vorhin von einer Tour im August und September erzählt?
Ketzberg: Ja genau! Meine Band und ich haben endlich unsere erste eigene Clubtour gespielt. Das war wahnsinnig schön. Ich bin allen Beteiligten, allen die gekommen sind und nicht zuletzt der Initiative Musik sehr dankbar, dass sie diese Tour ermöglicht haben. 2024 will ich unbedingt wieder touren! Gerade bin ich im Gespräch mit ein paar Booking-Agenturen, die mir dabei vielleicht ja weiterhelfen können.
Wie in jedem Interview fragen wir auch dich: Welchen Tipp, welche Erfahrung oder Ratschlag kannst du anderen jungen Musiker und Musikerinnen mit auf den Weg geben?
Ketzberg: Ah hier sind wir erst beim Ratschlag! Naja, einen hab ich ja oben ungefragter Weise schon gegeben. Neben all den „Dranbleiben“ Ratschlägen, die eh alle schon tausendfach gehört haben, würde ich sagen: Geht auf Konzerte. Geht Tanzen. Liebt die Musik von anderen. Liebt eure eigene Musik. Träumt euch auf alle Bühnen, die euch gefallen. Ohne dieses Gefühl habe ich nämlich keine Ahnung, wofür ich überhaupt dranbleiben soll.
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