Mit Closed Doors und Lost in Devotion hat das Dürener Quartett zwei alleinstehende Singles veröffentlicht und einen neuen Artistfy Rekord erzielt: Die beiden Songs haben Stand Anfang Januar 2019 gemeinsam fast 150.000 Plays. - eine beeindruckende Zahl in so kurzer Zeit!
Dennoch wollte ich mir das nicht nehmen lassen, die beiden Songs ein wenig genauer unter die Lupe zu nehmen. Der Facebook-Like-Counter von wildfire. steht bei rund 800 (Stand Anfang Dezember). Sind die Plays gekauft, Facebook-Likes einfach nicht mehr repräsentativ, oder geht es im Zeitalter von Spotify gar nicht mehr um Bands, sondern wirklich nur noch um Songs? Ob ich eine dieser Fragen zielgerichtet beantworten kann weiß ich nicht. Aber ich werde die Songs einmal genauer unter die Lupe nehmen - vielleicht hilft das!
Closed Doors
Closed Doors war die erste Veröffentlichung von wildfire. über Artistfy. COWBELL, WE NEED MORE COWBELL! - schießt es gleich von der ersten Sekunde an durch meinen Kopf. Mit Hilfe eines stabilen Offbeat Grooves und einer bequemen Melodie schmiegt sich der Song an meine Ohren. Besonders stark fällt mir hier der lässige Gesang auf, der mich auf den ersten Eindruck nicht mal in die Nähe des Gedankens kommen lässt, dass es sich hier um deutsche Jungspunde aus der Nähe von Köln handelt. Gerade der Build-Up im PreChorus erinnert von der Intensität an „Dance with Somebody“ von Mando Diao - und misst sich damit direkt mit den Großen.
Vom Ablauf doch eher unüblich, schließlich häufen sich ja schon die Fachartikel, dass „Spotify-Optimierte“ Songs ihren ersten Refrain nach weniger als 30 Sekunden einleiten. Auch die Akustikgitarre wollen nicht ganz so brillant scheinen, wie es vielleicht möglich gewesen wäre… Mir tut das jedoch überhaupt keinen Abbruch: Ich kann mir wirklich gut vorstellen, wie ein Club ausverkauft ist. Der Song ist sauber produziert und lässig geschrieben.
Aber treffe ich damit auch die Meinung der breiten Masse? Warum ist dieser Song so beliebt?
Immerhin ist er relativ lang (4:26) und der erste Chorus kommt auch erst relativ spät. Grundsätzlich also erstmal nicht das, was ich von einem Spotify-Hit in 2018 erwarten würde. Vielleicht ist es aber auch genau das, was diesen Song so beliebt macht: Er kommt Vintage und authentisch daher, ohne in Sachen Qualität gegen die komplette Masse innerhalb von Spotify zu verlieren. Es ist handgemachte Musik und das ist zu hören. Vielleicht für viele ein Goldstück zwischen dem ganzen generischen Pop und EDM der mittlerweile so vorhersehbar ist, dass viele Playlists eigentlich nur noch aus 40 Mal dem gleichen Song bestehen. …Auch Closed Doors ist kein überkomplexer Song. Er ist simpel und macht genau deshalb Spaß: Allerdings nimmt er sich den Raum um eben nicht nach Formel geschrieben zu sein. Coole Nummer!
Lost in Devotion
Lost in Devotion war wildfire.‘s zweite Veröffentlichung über Artistfy. Ganz anders als Closed Doors fängt Lost in Devotion mit ruhigen Klängen von Akustikgitarren an. Sobald die Stimme einsetzt, kann ich mir in diesem Fall vorstellen, warum auch dieser Song so beliebt ist: Wieder habe ich nicht den Eindruck, dass es sich um ein Quartett aus Düren handelt. Die Produktion wird dem Song gerecht und ein Song der maßgeblich auf Akustikgitarre und simplen Akkorden aufbaut hat ohnehin eine andere Zielgruppe als der Standard-pop: Führen wir uns nun andere Songs im Stile von Singer-Songwritern zu Gemüte, stelle zumindest ich fest, dass wildfire. hier in Sachen Produktion die Nase ganz weit vorne haben.
Die Akustikgitarren klingen angenehm und stabil, der Gesang bettet sich wunderbar ein und steht gleichzeitig prominent im Zentrum des Songs. Der entscheidende Unterschied liegt aber eher in der Mitte, beziehungsweise zweiten Hälfte des Songs. Es wird eben nicht negiert, dass wildfire. eigentlich eine Band und nicht ein Duo ist. Der subtile Einsatz von Drums und Bass zeugt von großer musikalischer Reife. Sie erfüllen ihre Aufgabe einwandfrei und nehmen dezent hinter Gesang und Gitarre Platz. Das ganze gepaart mit wirklich ansprechenden Melodien macht dann natürlich eine Menge Spaß zu hören. Diesen Song kann ich mir verformt nämlich sowohl auf einer Sommertrasse als auch in einem großen Stadion vorstellen. Ich weiß nicht, ob absichtlich oder aus Intuition, aber bei Lost In Devotion ist technisch extrem viel richtig gemacht worden - auch wenn mir persönlich Closed Doors besser gefallen hat.
Letztlich geben die Songs selbst mir auch nur bedingt eine Antwort darauf, weshalb sie so durch die Decke geschossen sind. Sie gehören definitiv mit zu den schöneren Songs, die wir auf Spotify finden können… Im Prinzip ist es auch nicht wichtig warum genau eine eher junge, unbekannte Band so viele Klicks auf Spotify kassiert: Viel wichtiger ist, dass es passiert! Damit setzen sich subtil erste Zeichen. Unbekannte Bands können trotzdem Hits landen!
Das Phänomen um wildfire.‘s Spotify-Klicks nehme ich eigentlich eher als Ermutigung für aufstrebende Künstler und Bands wahr.
Allerdings gehört zu den Side-Notes, die ich mir nicht sparen möchte auch, dass wildfire. zwei Singles veröffentlicht haben, statt gerade auch neue Fans gleich mit einem ganzen Album zu überfordern. Vielleicht geht es wirklich nur noch um Songs und gar nicht mehr um Alben? Es bleibt einfach spannend, wie sich die Welt der Musik entwickelt.
Ich möchte wildfire. an dieser Stelle ganz herzlich zu diesen enormen Knickzahlen beglückwünschen! In meinen Ohren eine absolut verdiente Statistik - ich hoffe, es geht für die 4 Jungs genau so aufregend und erfolgreich weiter! Die Songs haben mich gut unterhalten und wieder einmal gezeigt: qualitativ hochwertige Musik kommt eben nicht nur von den „großen“, die wir alle schon von ihrer 12. Welt-Tournee kennen.