Klingt erstmal einfach, aber warum ist das so schwierig?
Zum einen: gute Ideen haben wir ganz einfach nicht auf Knopfdruck. Kreative Prozesse überraschen uns oft und selbst von kreativen Meistern werden es nur die wenigsten auf Knopfdruck in die kreative “Zone” schaffen. Zum anderen: echt mal Shibbster. Nur Gitarre und Gesang? Das ist doch lame! Achja? Cool - dann kommen wir dem Problem des Loudness Wars im Songwriting ja wieder ein Stück näher! Es mag zunächst extrem unbequem sein, einen Song so “nackt” und minimal zu schreiben. Noch unbequemer wird es, wenn wir uns aktiv hinsetzen, aber keine Idee haben wo wir eigentlich anfangen wollen…
Henne oder Ei? Rhythmus oder Melodie?
...Well… ebenso wenig wie es auf die erste Frage eine wirklich zufriedenstellende Antwort gibt, gibt es auch auf die zweite nicht wirklich eine. Deshalb ist die Antwort so einfach wie auch nichtssagend: das, was sich richtig anfühlt! Pfeifst du immer wieder eine Melodie vor dich hin? Klasse! Das ist ein Startpunkt! Oder bist du eher der “Trommler” und klopfst viel auf deinen Beinen herum? Du hast den einen Rhythmus den du immer wieder klopfst weil er einfach groovt wie Hölle? Klasse! Auch das ist ein möglicher Startpunkt! Oder bist du doch eher der Textmensch und willst das geschriebene Wort jetzt hörbar machen? Cool! (Damit hast du dir den Aufwand des Texteschreibens schon gespart!)
Gute Songs haben meist eine super stabile Basis: Queen's We Will Rock You ist ein Monstrum, was auf einem der wahrscheinlich simpelsten Rhythmen der Moderne thront. Jeder kennt’s. Auch Robbie Williams’ Candy ist super catchy: der komplette Song folgt dem Muster der Nursing Rhymes und vermittelt vom ersten Hören an den Eindruck als könnte jeder diesen Song mitsingen. Noch mehr Beispiele werden folgen. ;)
Was ist also die Basis für deinen Song? Ist es die Melodie? Ist es der Rhythmus? Das liegt ganz bei dir. Sobald du die Basis für dich gefunden hast stellt sich natürlich die Frage, baust du auf einem Chorus auf oder schreibst du den Song von vorn nach hinten? Auch hier gibt es kein “richtig” und kein “falsch”. Beide Ansätze können funktionieren. Und damit du eine etwas klarere Vorstellung bekommst, worin sich Refrains und Strophen voneinander unterscheiden können, hier eine kleine Auflistung von Gedankenanstößen, was diese Abschnitte eines Songs auszeichnen kann:
Der Refrain
...ist in den meisten modernen Pop Songs das Herzstück. Die Melodie ist prägnant und einfach, ebenso wie der Rhythmus. In den meisten Fällen ist der Refrain auch der “stärkste” Teil eines Songs: hier spielen die meisten Instrumente gleichzeitig, hier wird’s laut, hier wird’s Energiegeladen. Auch ist die Akkordfolge zumeist kurz und einfach gehalten. Mein Lieblingsbeispiel ist hier in E-Dur: E - H - C#m - A. ...jeder Akkord für jeweils einen Takt, das ganze einmal wiederholt, zack - stabiler Chorus! (bzw. stabile Basis…)
Die Strophen
...sind die Abschnitte, in denen der Song seine Geschichte erzählt. Im Regelfall stehen hier die Instrumente eher im Hintergrund (Ausnahmen bestätigen diese Regel nämlich) und bilden eine solide Grundlage für den Gesang. Da hier aber der Fokus mehr auf Storytelling als auf “Ballermann Mitsingen” liegt (zumindest in DIESEM Artikel), bergen Strophen unzählige Möglichkeiten mit ihnen zu spielen, sodass sich auch der nicht-singende Musiker nicht langweilt ohne in ein völlig überzogenes Solo auszuarten: Strophen leben von ihrer Lebendigkeit.
Du hast durchaus die Möglichkeit hier ein längeres Akkordschema als im Refrain zu nutzen, beispielsweise über 8 Takte: E - H - G#m - A - C#m - H - A - A ...wäre eine von vielen Möglichkeiten die du hast. Damit bekommt die Strophe automatisch ein anderes Feeling als der Chorus - bewegst du dich aber in derselben Tonart, sollte das eigentlich passig sein. Auf jeden Fall bietet eine längere Akkordfolge in Strophen tatsächlich eine andere Art Raum eine Geschichte zu erzählen. Und damit nicht genug, hast du erstmal deine Gesangsmelodie und deinen Text gefunden: Mit welchen “Gemeinsamkeiten” lässt sich spielen? Fällt das Wort “Stopp” (egal auf welcher Sprache) und lässt sich mit einer Pause kombinieren? Lass die Strophen atmen und gemeinsam mit dem Gesang erzählen! Manchmal funktionieren aber auch Strophen gut, die eine abgespeckte Version des Refrains darstellen. Grad im “elektronischen Pop” nicht unüblich.
Again: Weniger ist mehr! ...verliere dich gerade am Anfang des Songwritings noch nicht in Details. Wenn dein Song in der Basic Version schon Spaß macht und mit einem einfachen Rhythmus und ein paar Akkorden schon dich - und vielleicht den eingeweihten kleinen Kreis der Pre-Listener schon begeistern kann, bist du auf einem guten Weg, daraus einen Spotify Hit zu machen. Was dazu von Nöten ist? Würze! Denn wenn wir das Grundgerüst deines Songs aus Strophen und Refrain erst einmal aufgestellt haben, dann ist es Zeit das Ganze mit Leben zu füllen. Schließlich ist das auch ein bisschen wie mit Salat: Ein Salat aus Tomaten, Paprika, Mais, Gurken und Eisbergsalat ist zwar schon okay, aber da ist noch Luft nach oben.
Wichtig ist: Spiel immer wieder mit deinem Song und horche ein wenig in dich hinein, was ihm tatsächlich noch fehlt. Welche zusätzlichen Zutaten und Gewürze du für deinen Song tatsächlich schon im petto hast, erfährst du in der nächsten Runde!
Let’s talk about Songwriting #1
Let’s talk about Songwriting #2
Let’s talk about Songwriting #3